Vertretungsstunden - Spiele und Ideen
Im folgenden Kapitel werden unterschiedliche Ideen und Anregungen für Vertretungsstunden präsentiert. Sie reichen von kreativen Beschäftigungsmöglichkeiten über anspruchsvolle Denkaufgaben bis hin zum Gespräch in der Klasse.
Spiele und weitere Ideen für die Vertretungsstunde
In manchen Fällen kennt die Vertretungslehrkraft die Klasse oder den Kurs. Unter dieser günstigen Voraussetzung ist weder das Anfertigen eines Namensschildes noch eine Vorstellungsrunde notwendig. Wer jedoch erst seit einigen Wochen an der Schule unterrichtet oder in der betreffenden Klassenstufe noch keine Fachlehrkraft war, betritt sozusagen Neuland. Wie geht man unter solchen Bedingungen am besten vor?Die ersten Minuten der Vertretungsstunde lassen sich für eine spielerische Kennlernrunde nutzen. Solch ein Spiel eignet sich vor allem für Grundschulklassen. Die Klassenmitglieder bilden einen Stuhlkreis. Zwischen ihnen nimmt die Lehrperson Platz und hält einen Ball in der Hand. Die Lehrkraft stellt sich mit Namen vor, teilt den Anwesenden eine persönliche Vorliebe (z. B. liebstes Schulfach oder bevorzugte Jahreszeit) mit und wirft den Ball einem beliebigen Klassenmitglied zu. Nun ist diese Schülerin oder dieser Schüler an der Reihe. Neben dem Namen wird eine persönliche Vorliebe mitgeteilt. Anschließend wird der Ball einer weiteren Person aus dem Kreis der Anwesenden zugespielt. Auf diese Weise lernt die Vertretungslehrkraft die Klassenmitglieder besser kennen und kann sie im Laufe der Unterrichtsstunde mit ihrem Namen ansprechen.
Solch eine Einführung in die Stunde steht in keinem inhaltlichen Verhältnis zum Fachunterricht. Der weitere Verlauf der Vertretungsstunde kann einen thematischen Bezug zum Unterrichtsfach aufweisen. Die inhaltliche Parallele ist aber keine absolute Notwendigkeit. Viele Gestaltungsmöglichkeiten lassen sich sowohl in den naturwissenschaftlichen Unterricht als auch in sprachliche oder musische Lehreinheiten einpflegen.
1. Rechenaufgaben
Mit einer kniffligen Rechenaufgabe wird das logische Denken der Schülerinnen und Schüler herausgefordert. Auch eine Runde Kopfrechnen ohne Hilfsmittel regt das Zahlenverständnis der Klassenmitglieder an. Mathematische Aufgaben werden nicht nur im Vertretungsunterricht gerne mit dem zeitlosen Eckenraten verbunden: Die Lehrkraft stellt der Schülerschaft eine Aufgabe. Wer sie korrekt beantwortet, läuft in die nächstgelegene Ecke des Raumes. Dabei wird auf Zeit und Schnelligkeit gespielt.
2. Filmstunde
Eine Filmstunde ist ebenfalls eine beliebte Möglichkeit, um Abwechslung ins Klassenzimmer zu bringen. Lehrreiche Videos sind ebenso informativ wie spannend. Die meisten Schulen verfügen über Bibliotheken mit einem entsprechenden Angebot an Medien. Zusätzliche organisatorische Dinge wie die Reservierung eines Filmraumes sollten zeitnah erfolgen. Gerade bei spontanen Vertretungsstunden ist die Raumbuchung oft problematisch. Ein mobiles Fernsehgerät hat allerdings in jedem Klassenzimmer Platz.
3. Club der krativen Dichter
Beim Club der kreativen Dichter bringen die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Gedichte, kurzen Geschichten oder Gedankengänge zu Papier. Am Ende der Stunde wird der Gewinner gekürt: Alle Klassenmitglieder tragen ihre Werke vor, damit die Zuhörer sich ein Bild von der Qualität ihrer Ergebnisse machen können. Der beste Vortrag wird mit einem kräftigen Beifall belohnt. Diese Idee ist in Fächern wie Deutsch oder Fremdsprachen sehr beliebt. Das eigenständige, kreative Schreiben fördert die Sprachkompetenz. Gleichzeitig bleibt genug Raum für die eigene Fantasie. Auf diese Weise werden die Kinder und Jugendlichen nicht nur zur sprachlichen Experimentierfreude ermutigt, sondern nachhaltig motiviert.
4. Podiumsdiskussion
Für Klassenstufen in weiterführenden Schulen empfiehlt sich eine Podiumsdiskussion. Bei dieser Übung werden die Kommunikationsfähigkeiten der Klassen- oder Kursmitglieder trainiert. Der Diskussion liegt ein Thema aus dem Unterricht oder eine Fragestellung (z. B. 'Schuluniformen einführen - ja oder nein?') zugrunde. Ein Mitglied aus dem Plenum fungiert als Moderator und leitet das Gespräch. Nach der Eröffnung der Diskussionsrunde haben alle Anwesenden die Gelegenheit, ihren Standpunkt zum Thema beizutragen und mit sachlichen Argumenten zu unterfüttern. Dabei gelten folgende Regeln:
1. Es wird über die Sache diskutiert - die jeweilige Person wird nicht infrage gestellt
2. Es spricht immer nur eine Person zur Zeit
3. Die Argumentationsführung baut auf den Standpunkten der Anwesenden auf
Bei der Diskussion wird ausschließlich über das Gesprächsthema gesprochen. Es steht den Anwesenden frei, sich intensiv über die verschiedenen Standpunkte auszutauschen, ihnen zuzustimmen oder sie zu hinterfragen. Die jeweiligen Personen werden nicht kritisiert - es geht allein um das Thema der Diskussion. Auf diese Weise wird eine faire Gesprächsführung geübt.
Während des Gesprächs hat immer eine Person zurzeit das Wort. Der Moderator trägt für die Konstruktivität der Diskussion die Verantwortung und koordiniert den Dialog zwischen den Anwesenden. Für Rückfragen zu Beiträgen bleibt im Anschluss genug Zeit.
Das Ziel der Podiumsdiskussion besteht in einer sachlichen und geordneten Gesprächsführung. Am Ende soll eine abschließende Antwort oder Lösung gefunden werden. Die Voraussetzung ist ein genaues Mitverfolgen des Gesprächs mitsamt seinen Inhalten, zu denen die Standpunkte, Erläuterungen und Argumente der übrigen Anwesenden gehören.
Vertretungsstunden in Abschlussklassen sind gute Gelegenheiten, um eine mündliche Prüfung zu simulieren. Mit solch einer praktischen Erfahrung gehen angehende Absolventinnen und Absolventen dem tatsächlichen Prüfungstermin gelassener entgegen. Neben Fragen zum Ablauf lassen sich prüfungsrelevante Inhalte in der Vertretungsstunde auffrischen.
Unterschiede zwischen Vertretungsstunden in Grundschulen und weiterführenden Schulen
Vertretungsstunden setzen ein hohes Maß an Improvisationstalent voraus. Ein paar grundlegende Aspekte sollten Lehrerinnen und Lehrer im Hinterkopf behalten. Das durchschnittliche Alter der Schülerschaft ist ein entscheidender Richtwert. Bei der Planung der Vertretungsstunde ist das Alter beziehungsweise die Klassenstufe zu berücksichtigen. Vertretungsstunden in Grundschulklassen lassen sich mit altersgerechten Spielideen lebendig gestalten. In weiterführenden Schulen werden die außerplanmäßigen Stunden zumeist für den regulären Unterricht genutzt. Hier entscheidet die Vertretung nach eigenem Ermessen: Wenn sie über das notwendige Fachwissen verfügt oder im Idealfall sogar in dem jeweiligen Fach selbst Unterricht gibt, sind beste Voraussetzungen für eine Unterrichtsstunde im klassischen Sinn geschaffen. Viele Lehrerinnen und Lehrer weichen jedoch in Vertretungsstunden bewusst vom Lehrplan ab, um die zusätzliche Stunde für neue Impulse zu nutzen. Beide Handlungsmotive haben ihre Berechtigung. Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine kurze Rücksprache mit dem verhinderten Mitglied aus dem Kollegium. Falls eine Klausur oder eine vergleichbare Wissensabfrage ansteht, wird die Vertretungsstunde für eventuelle Rückfragen oder eine allgemeine Vorbereitung genutzt. Ansonsten steht einer freien Gestaltung der Stunde fernab vom Lehrbuch nichts im Weg.Hinzu kommt der Leistungsstand der jeweiligen Klasse. In manchen Schulklassen ist er relativ homogen. Hier haben Vertretungslehrkräfte ein leichtes Spiel. In anderen Fällen ist der Prozentsatz zwischen leistungsstarken und leistungsschwächeren Kindern oder Jugendlichen ungleichmäßig verteilt. Das Einholen von Informationen über den Leistungsstand bei der Klassenleitung oder der Fachlehrkraft hilft bei der Vorbereitung der Vertretungsstunde weiter. Die vertretende Lehrperson weiß, was sie hinsichtlich der fachlichen Fähigkeiten in der Klasse erwartet. Solch ein Hintergrundwissen erweist sich bei der Gestaltung der Stunde als sehr nützlich. Die Vertretungslehrkraft kann einschätzen, welchen inhaltlichen Schwierigkeitsgrad sie der Klassengemeinschaft zutrauen darf und welche Themen für die Lernenden (noch) zu komplex sind.
Spiele sind für Vertretungsstunden in Grundschulen grundsätzlich geeignet. Auf weiterführenden Schulen oder gar Oberstufen entsprechen Denksportaufgaben dem Alter und Reifegrad der Schülerschaft besser als spielerische Unterrichtseinheiten. Ein fester Bestandteil von Vertretungsstunden ist jedoch für Grundschulklassen ebenso passend wie für Jahrgänge an weiterführenden Schulen: Am Ende der Stunde sollte die Vertretungslehrkraft die Anwesenden fragen, wie ihnen die zurückliegende Stunde gefallen hat. In der großen Runde darf sich jedes Mitglied der Klasse frei äußern. Positive Rückmeldungen deuten auf eine durchdachte Organisation der Vertretungsstunde hin. Trotz aller Kurzfristigkeit ist die Planung gelungen, das Thema der Stunde war interessant und die Unterrichtseinheiten bauten sinnvoll darauf auf. Kritische Äußerungen sind keine Kritik an der eigenen (Lehr-)Person, sondern weisen auf die Punkte hin, bei denen noch Verbesserungsbedarf besteht. Solch ein Feedback vonseiten der Schülerschaft ist eine wertvolle Hilfestellung für die Zukunft, denn die nächste Vertretungsstunde kommt bestimmt.
Nina K., 17.02.2025